Zum Horizont der Arbeit im Nahostprojekt 2012

Basis dieser Arbeit ist die Begegnung der Finkenwerder Jugendlichen mit den Jugendlichen aus der Region Bethlehem, Palästina.
Der Schüleraustausch ermöglicht einerseits den palästinensischen Schülerinnen und Schüler nicht „nur“ eine Auszeit von einem Leben hinter der Mauer nehmen zu können, sondern er ist eben auch eine große Chance, über den Tellerrand der Mauer hinüber zu schauen und eine friedfertige Wirklichkeit – jenseits von Apartheid – kennen zu lernen. Im Kontakt mit den Finkenwerder Austauschpartnern, den Gastfamilien, dem Schulleben, der Projektarbeit.
Den Finkenwerder Profiloberstufenschülern bietet der Gegenbesuch in Palästina die intensive Teilnahme am arabischen Familienleben und vor allem eine Gelegenheit kennen zu lernen, was es für die palästinensische Gesellschaft bedeutet, das Leben hinter der Mauer und in der täglichen Spannung des Nahostkonflikts zu gestalten.
Aber auch in der Begegnung mit sehr verschiedenen Gesprächspartnern in Jerusalem und Tel Aviv, also in Israel, ist zu merken, wie schwierig es ist, diese Spannung auszuhalten, die entsteht, sobald man mit Konfliktpartnern auf beiden Seiten zu tun hat, ohne den einen oder den anderen in seiner Realität in Frage zu stellen.
Das Dreiecksverhältnis zwischen Deutschen und Palästinensern, Palästinensern und Israelis, auch aber zwischen Israelis und Deutschen mit Täter-Opfer-Opfer-Täter-Strukturen steht im Hintergrund auch dieser Austauschbegegnung.
Besonders an der Interview-Recherche der Nahostprojektarbeit 2012 war für viele Jugendliche aus beiden Schülergruppen die erstmalige Begegnung mit jüdischen Zeitzeugen beeindruckend:
Der erste Interviewpartner, ein Hamburger Schulleiter, gebürtig aus Haifa, wurde mit seinen bewegenden Erinnerungen aus Kindheit und Jugend in Haifa zum Begegnungs-Highlight beider Schülergruppen.
Andersherum traf beispielsweise eine Holocaust-Überlebende erstmalig auf palästinensische Jugendliche und kam mit ihnen ins Gespräch.
Die vielfältigen Gespräche mit Zeitgenossen aus der deutschen, der palästinensischen und der israelischen Gesellschaft, die die Schüler, wo immer es möglich war, in gemischten Teams durchführten, ermöglichte eine sehr vielfältige Reflexion.
Und an manchen Stellen wuchsen die Jugendlichen in die Rolle von Vermittlern ihrer Gesellschaft, Geschichte, Kultur – ihrer Realität. Je nach dem, wer von ihnen jeweils das Interview anleitete.
Wenn am Ende von Besuch und Gegenbesuch alle Beteiligten sagen können, ein aktuelles Bild des jeweiligen Gastlandes entwickelt zu haben – dann ist vielleicht wirklich etwas gewonnen. Dann wird vieles zunächst komplizierter, bevor es dann hoffentlich alles einfacher wird.
Unser besonderer Dank geht an die Finkenwerder Schüler und die Talithis, die Schülergruppe und das Lehrerinnen-Team aus Talitha Kumi, Palästina: Das war ein großartiger Einsatz! Gute Arbeit! Und: Es hat Spaß gemacht!