Jung & Jüdisch – ein Nachmittag mit Benjamin Bahr

Donnerstags haben wir immer Seminarzeit von 14:30-16:00 im Rahmen unseres Geschichtsprofils „Freiheit – wozu?“. An einem dieser Donnerstage im November (28.11.2013) besuchte uns Benjamin. Er ist ein bekanntes Gesicht der jüdischen Szene Hamburgs, da er Gründer und alleiniger Vorsitzender der Vereinigung Jung & Jüdisch ist.

Geboren wurde Benjamin Bahr in Kassel als Sohn einer amerikanischen Jüdin mit deutschen Wurzeln und einem deutschen Christen. Da seine Mutter Jüdin ist, gehört auch er der Religion an, weil die Mutter im Judentum die Religion weitergibt. Benjamin Bahr hat sich wegen der Shoah, der Judenverfolgung und Vernichtung im Deutschland der ´30er und ´40er vom Wehrdienst freistellen lassen.

Trotz seiner jungen Jahre hat er schon viel von der Welt gesehen: So war er schon in den USA, Israel (ein halbes Jahr in Tel Aviv) und auf Hawaii. Außerdem hatte er vor, nach Lateinamerika zu gehen, dementsprechend beherrscht er auch viele Sprachen: Deutsch, Französisch, Spanisch und Englisch. Wegen seiner Religion kann er auch Hebräisch lesen.

Die wenigen Juden, die in Hamburg leben, unternahmen nicht viel miteinander, so erklärte er uns. Das war auch der Grund, warum er Jung & Jüdisch gründetet: Er wollte dazu beitragen, dass sich Menschen und auch junge Menschen mit jüdischer Identität treffen, um z.B. gemeinsam jüdische Filme zu schauen.

Die Vereinigung Jung & Jüdisch ist eine sehr junge Bewegung, der etwa 200 Leute angehören. Sie ist offen für alle Juden zwischen 18 und 35 Jahren, die sich selbst in ihrer jüdischen Identität verwirklichen wollen. Jung & Jüdisch nutzt auch das umgebaute Gemeindezentrum der Töchterschule im Karolinenviertel. Da die Tage im Judentum mit dem Sonnenuntergang beginnen, treffen sich die Mitglieder der Vereinigung am zentralen Ruhetag (Sabbat), also freitagabends.

Benjamin Bahr ist ein liberaler Jude. Bei seinem Besuch erklärte er uns die Unterschiede zwischen orthodoxen und liberalen Juden: Die liberalen Juden sind offener, so sagen sie auch ihre Gebete auf Deutsch und geben den Mitgläubigen mehr Raum für eigene Interpretationen der Religion. Die orthodoxen Juden hingegen sind strenger mit ihren Ansichten und Regeln. Sie heißen niemanden willkommen und sehen die liberalen nicht als Juden an, weil sie nicht wie die orthodoxen leben. Aus diesem Grund herrscht zwischen den verschiedenen Glaubensgemeinschaften eine starke Ablehnung und Feindschaft.

Die Thora ist die Heilige Schrift des Judentums und somit sehr wertvoll, denn eine Thorarolle kostet zwischen 20.000€ und 50.000€. Für jede Synagoge ist es eine große Ehre, so eine Rolle zu besitzen, denn sie werden immer per Hand geschrieben und so eine Tätigkeit braucht eine spezielle Ausbildung. Außerdem dauert es ein Jahr bis eine Thorarolle fertig ist, weil sie fehlerfrei sein muss.

Laut Benjamin Bahrs Ansicht, hat die jahrhundertelange Verfolgung die Familie geprägt. Es ist eine persönliche und individuelle Entscheidung, ob man sich mit dem jüdischen Glauben identifiziert. Auf jeden Fall missioniert das Judentum nicht nach Außen und will niemandem seinen Glauben aufdrängen.

Am Ende von seinem Vortrag durften wir Schüler Fragen an ihn stellen:

Eine der Fragen war, ob er Angst vor einem Angriff habe. Benjamin meinte, dass er bis jetzt wenig Antisemitismus erlebt hatte. Jedoch findet er es richtig, dass hier in Deutschland auf Sicherheit geachtet wird, denn der Schutz hat seine Berechtigung, da es jeden Tag drei antisemitische Taten hierzulande gibt.

Zudem wurde die Frage gestellt, wieso sich einige weder den orthodoxen, noch den liberalen Juden zugehörig fühlen. Darauf antwortete er, dass sich diese Juden mit den Gemeinden nichts anfangen können. Außerdem sollen, laut Benjamin Bahr, die jüdischen Gemeinden in Deutschland nicht so gut sein.

Wir beide fanden den Besuch sehr informativ und lehrreich, weil wir mehr über das jüdische Leben in Deutschland erfahren haben. Niemand von uns hatte zuvor die Möglichkeit gehabt, das Judentum näher kennen zu lernen. Diese Unterrichtseinheit war sehr hilfreich, da wir einen Einblick in diese andere Religion bekommen haben.

 

Ein Bericht von Sinje Oelbüttel & Catharina Schwartau