Der Besuch von Dr. David Mendelsohn im Geschichtsprofil

Trialog-J1Am 21.11.2013 bekamen wir während des Geschichtsunterrichts Besuch von dem Kanadier Dr. David Mendelsohn, der sich als Soziolinguist hauptberuflich mit der Sprachwissenschaft beschäftigt, uns aber vor dem Hintergrund seiner Arbeit als Spezialist für interkulturelle Fragen erstmals einen Einblick in den Nahostkonflikt verschaffte und uns verdeutlichte, wie groß, umfassend und vielseitig dieses Thema ist.

Er begann sich auf Englisch vorzustellen, wobei er die Atmosphäre mit seiner lockeren und sympathischen Art sichtlich auflockerte. Nach kurzer Eingewöhnungszeit unsererseits an seinen englischen Akzent, fing er an uns anhand dreier wichtiger Begriffe in die Thematik des Nahen Osten darzulegen.

Anfangend mit dem Datum 14.05.1948 erklärte David Mendelsohn uns, wie unterschiedlich die Be­deutung dieses Tags für die Bevölkerung war. Da an diesem Tag der jüdische Staat Israel, welcher vorher zu Palästina gehörte , seine Unabhängigkeit erlangte, wird der 14.05. 1948 von den jüdischen Bewohnern Israels auch „ Day of Independence“ genannt und gilt noch heute als Nationalfeiertag. Seitdem weist die israelische Flagge einen Davidsstern auf, die Amtssprache ist Hebräisch und auch sonst ist alles in Israel von der jüdischen Kultur geprägt. Während die ara­bischen Bewohner hingegen des, von dem Tag an, jüdischen Staates Israel am, von ihnen sogenannten NAQBA, was so viel wie Unglück oder Katastrophe bedeutet und ihre Auffassung des 14.05.1948 ist, aus ihrer Heimat und Region vertrieben wurden. Noch heute gedenken sie diesen Tag als NAQBA, ganz im Gegensatz zu ihren „Nachbarn“.

Die arabischen Bewohner, welche aus Israel vertrieben wurden, nennen sich selbst heute Palästinenser. Sie sind weder gut auf die jüdischen Bewohner Israels zu sprechen, da sie ihnen ja sozusagen die Heimat und das Land „gestohlen“ haben, noch auf die wenigen arabischen Bewohner, die im Land Israel blieben und noch heute, obwohl sie ihre Religion nicht richtig ausleben können, dafür jedoch viele israelische Rechte besitzen, im Staat Israel wohnen. Die Palästinenser bezeichnen solche arabische Israelis als Verräter.

Ein anderes Wort, welches während des Vortrags von David Mendelsohn fiel, war das Wort „Hamul­lah“. Dies beschreibt, laut David Mendelsohn sogenannte Clans. Sprich, Dörfer, welche aus Familien entstehen und sich durch Söhne von Söhnen immer mehr vergrößern. Das Problem bei dieser Clan­bildung jedoch ist, dass der Gründer, die Kontrolle hat, die Macht besitzt und entscheidet, was zu tun ist. Ist dieser nun beispielsweise der Meinung, dass ein bestimmter Kandidat bei einer Wahl gewählt werden soll, so wählt der ganze Clan, die ganze Gruppe, die ganze Gemeinschaft, diesen bestimm­ten Kandidaten. Dieses „Hamullah“-Prinzip hat also beispielsweise zur Folge, dass die Demokratie eingeschränkt und beim zahlreichen Auftreten von Clans sinnlos wäre.

Zusätzlich erzählte Dr. Mendelsohn von einem Projekt, das er als letztes geleitet hat. Dabei hat er versucht israelische Kinder und palästinensische Kinder in einem Kibbuz miteinander spielen und leben lassen, sodass sie sich besser kennenlernen konnten und so Vorurteile gegeneinander aus dem Weg räumen konnten. Dies birgt allerdings die Schwierigkeit, dass die Kinder sich zwar untereinander im Kibbuz verstehen, wenn sie aber nach Hause gehen und es ihren Eltern erzählen, diese die Vorurteile beibehalten und somit nichts an den Beziehungen zueinander ändern. Deshalb wurde das Programm durch eine wechselseitige Unterbringung der Kinder ergänzt: palästinensische Jugendliche bei jüdischen Familien und umgekehrt!

Abschließend lässt sich sagen, dass der Besuch von Dr. David Mendelsohn eine Bereicherung für unser Profil sowie unseren bevorstehenden Palästinaaufenthalt war. Er hat uns als Betroffener neutral die Lage geschildert und uns multiperspektivische Einblicke in die Situation in Israel und Palästina gegeben. So war es und möglich, eigene Meinungen zum Nahost-Konflikt zu bilden und uns auf möglicherweise entstehende Befremdlichkeiten den Konflikt betreffend während unseres Austausches vorzubereiten.

Hannah Schüssler und Christin Schlüter, S1