Im Dialog: Parents Circle Families Forum

Wenn man sich vorstellt, dass Familienmitglieder gestorben sind, vielleicht sogar die eigene Mutter, dann steht einem die Trauer ins Gesicht geschrieben. Wohnen in einem Kriegsgebiet. Die tägliche Angst, dass man in der nächsten Minute von den Auswirkungen einer Bombenexplosion erfasst werden kann. Unvorstellbar für uns Deutsche. Wenn man dann jedoch hört, dass genau dies noch vor einigen Jahren zum Alltag von Israelis und Palästinensern gehörte, ist man geschockt.

Mitte Juni 2017 haben wir, die PGW*-Kurse (*Politik, Gesellschaft, Wirtschaft) der S II der Stadtteilschule und des Gymnasiums Finkenwerder eine Veranstaltung der Organisation „Parents Circle Families Forum“ im Kinder-, Jugend- und Familienzentrum besucht. Diese Organisation besteht aus mehr als 600 israelischen und palästinensischen Familien, die aufgrund von Gewalt zwischen ihren Völkern ein Kind oder einen nahen Familienangehörigen verloren haben. Sie wird von Spenden, z.B. Gottesdienstkollekten in der Nordkirche, finanziert. Ihr Ziel ist es, weitere Opfer zu vermeiden, Vertrauen aufzubauen und eine Versöhnung zu erreichen. Dafür besuchen Mitglieder des Parents Circle jährlich bis zu 500 Schulen weltweit und zwei davon waren wir. Wir wussten vorher, dass die Veranstaltung auf Englisch sein würde, merkten dann aber auch schnell, dass zwischen unserem Schulenglisch und dem Englisch z.B. eines Palästinensers gewisse Unterschiede bestehen, die uns auch sprachlich zu großer Aufmerksamkeit zwangen.

Als Gäste sahen und hörten wir die bewegenden Geschichten eines Mannes aus der Nähe von Tel Aviv in Israel und eines Mannes aus Hebron in Palästina. Der Palästinenser hatte seinen Bruder und drei seiner Cousins, der Israeli seine Mutter durch den Konflikt verloren. Neben der Beschreibung der schrecklichen Erlebnisse gab es aber auch viele Hintergrundinformationen über das Leben in diesem Teil der Welt, etwa, dass dort eine Mauer zwischen den Dörfern verläuft, während man bei uns zwischen den Staaten oft gar keine Grenze mehr sieht.

Für uns war es sehr spannend zu sehen, wie einfach es ist, dass sich trotz der widrigen Umstände ein Palästinenser und ein Israeli verstehen können, ja sogar befreundet sein können. Für uns in Deutschland eine alltägliche Situation, Freundschaft zwischen Menschen unterschiedlicher Herkunftsgebiete, Religionen oder Familien, für die beiden überhaupt nicht.

Nach der bewegenden Erzählung der beiden Männer streifte eine Fragerunde weitere Aspekte, die uns am Herzen lagen, etwa die nach der Rolle der Religion im Nahostkonflikt oder möglicher Lösungsansätze.

Als Abschluss zeigten uns die beiden Männer einen Film über Blutspendeaktionen von Mitgliedern des Parents Circle, die mit dieser Aktion ganz konkret die Frage aufwerfen wollen, ob man auch jemanden umbringen könnte, der das eigene Blut in seinen Venen hat.

Alles in allem war es eine sehr gelungene Veranstaltung, die einen durch die traurigen Geschichten sehr berührt und einem die Augen geöffnet hat. Wir finden es gut, dass sich die Mitglieder des Parents Circle die Mühe machen und den Mut aufbringen, fremden Menschen ihre Geschichten nahezubringen.

Tarja, Pia und Kirsten, S2

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